Die meisten wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen in meinem anwaltlichen Alltag erfolgen wegen einer Aktivität oder Werbung  im Print oder Onlinebereich. Die Vor-Ort Recherche ist eher selten. Aktuell ist aber eine „Klagewelle“ in Hamburg vor der 12, 15 und 27 Kammer des Landgerichts anhängig, die jedoch gerade auf der Vor-Ort Recherche beruhen. Die Branche ist dabei aber durchaus ungewöhnlich, ist es doch sonst eher ein „stilles Gewerbe“…

…nämlich das Bestattergewerbe. Ein Mitarbeiter der Verbraucherzentrale fuhr Ende letzten Jahres durch Hamburg und fotografierte die Schaufensterscheiben und Eingänge  diverser Bestattungsinstitute in Hamburg. Das ganze wurde dann ein paar Tage später wiederholt. Objekt der Begierde waren Preislisten bzw nicht vorhandene Preislisten. Die Verbraucherzentrale ist nämlich der Ansicht, dass auch der Bestatter gemäß  §§ 1,5 PangV (unjuristisch: Preisangabenverordnung) verpflichtet ist, schon im Schaufenster mitzuteilen, was so eine „Tieferlegungmaßnahme“ mindestens kostet.Nach § 1 der Preisangabenverordnung ist jeder, der gewerbsmäßig anderen Leistungen anbietet, dazu verpflichtet die Endpreise anzugeben. Nach § 5 Abs 1 PangV gilt für Leistungen folgendes:

Wer Leistungen anbietet, hat ein Preisverzeichnis mit den Preisen für seine wesentlichen Leistungen oder in den Fällen des § 1 Abs. 3 mit seinen Verrechnungssätzen aufzustellen. Dieses ist im Geschäftslokal oder am sonstigen Ort des Leistungsangebots und, sofern vorhanden, zusätzlich im Schaufenster oder Schaukasten anzubringen

Der Bestatter ist also – nach Ansicht der Verbraucherzentrale –  verpflichtet, mitzuteilen, was die wesentlichen Leistungen kosten. Und wer das nicht gemacht hatte, wurde abgemahnt und bei fehlender Unterwerfung mit einer einstweiliger Verfügung oder Klage überzogen.  Hört sich erst mal eindeutig an. Wenn man aber länger darüber nachdenkt, müssten die Schaufensterscheiben der Bestattungsunternehmen ziemlich groß sein, da es einfach zuviele Optionen für eine Beerdigung gibt: Verbrennen oder Beerdigen ? Auf welchen der 140 Friedhöfe in Hamburg soll es gehen ? Oder eine Seebestattung ? Weiterhin mehr als 100 Särge oder 200 Urnen oder doch der gepresste Diamant ? Mit Totenfeier oder ohne  ? Mit Stein oder ohne ? Anonym oder Pompös ? Zu Hause aufbewahren oder direkt zu Krematorium ? Fragen ber Fragen.

Muss der Bestatter nun seine Fensterscheibe mit seiner Preisliste pflastern ? Und ist das überhaupt sachgerecht ? Geht der Trauernde, der einen Bestatter sucht, tatsächlich von Bestatter zu Bestatter um vor dem Fenster die Preise zu notieren, um Sie mit dem anderen Bestatter drei Straßen weiter vergleichen zu können ?

Darüber werden die genannte Kammern des Landgericht entscheiden müssen. Auch § 9 Absatz 8 Nr 1 PangV wird dabei sicherlich eine Rolle spielen:

§ 5 ist nicht anzuwenden auf Leistungen, die üblicherweise aufgrund von schriftlichen Angeboten oder schriftlichen Voranschlägen erbracht werden, die auf den Einzelfall abgestellt sind;

Spannend ist aber auch, dass die Verbraucherzentrale  den Eindruck erweckt, dass einige Verfahren bereits abgeschlossen sind. Auf ihrer Webseite zitieren sie   Entscheidungen,  die – nach meiner Kenntnis – sich noch im Widerspruchsverfahren befinden, also noch nicht endgültig entschieden sind. Scheinbar möchte die Verbraucherzentrale den Eindruck erwecken, dass die Sachlage eindeutig wäre.

Die letzte Ruhe – im Bannstrahl des Wettbewerbsrechts

Ein Kommentar zu „Die letzte Ruhe – im Bannstrahl des Wettbewerbsrechts

  • 29. September 2011 um 14:42 Uhr
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    Nur mal so am Rande: Auch vor Fragezeichen – genau wie bei allen anderen Satzzeichen – gehört kein Leerzeichen.

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