Am 3.12.2012 trat das Gesetz über den Rechts­schutz bei über­langen Gerichts­verfahren und straf­recht­lichen Ermitt­lungs­verfahren in Kraft. Danach kann die unangemessene Verzögerung eines Verfahrens durch das Gericht gerügt werden, mit der Folge dass dem  Antragsteller für jedes Jahr der Verögerung maximal 1200,- € Schadensersatz zustehen.

Ob das Gesetz auch schon bei Gericht „angekommen“ ist, wurde von mir sogleich überprüft.

In einem Zivilverfahren war die Angelegenheit mehr oder minder ausgeschrieben, der wechselseitige Austausch von Schriftsätzen war bereits im Juni 2011 zum erliegen gekommen. Trotz mehrmaliger telefonischer und schriftlicher Nachfrage meinerseits (der Gegner hatte naturgemäß nur mäßiges Interesse, da dieser ja zahlen soll) passierte nichts, es wurde lediglich lapidat geantwortet, dass die zuständige Richterin erkrankt sei. Auf eine weitere Anfrage im November 2011, ob denn eine Vertreterin bestellt sei, kam diese Antwort:

„…..Ich, als Vertreterin der längerfristig erkrankten Richterin XY, bin bis März 2012 austerminiert und kann vertretungsweise die Sache nicht terminieren. Ich bitte um Ihr Verständnis“

Da es für den Mandanten um keine kleine Summe geht, ist eine solche Antwort schwer vermittelbar dass er  weiter auf eine Entscheidung warten solle, immerhin ist die Klage schon 1 Jahr bei Gericht. Mit Inkrafttreten des oben genannten Gesetzes wurde also gleich die Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs 3 GVG in diesem Verfahren erhoben.

Erstaunlicherweise kam 5 Tage später die Ladung für einen Termin Anfang Januar 2012. Allerdings habe ich nun angesichts der Nachricht aus November mit einer wegen der „Mehrarbeit“ etwas angesäuerten Vertreterin als Vorsitzende gerechnet, was einem Verfahren aber nicht unbedingt abträglich sein muss. Im Termin stellte sich aber dann heraus, dass nunmehr Richterin Nr. 3 diese Akte bearbeitet, die extra von einem anderen Gericht für die Bearbeitung der aufgelaufenen Rückstände abgeordnet wurde.

Zusammenfassen lässt sich also Feststellen, dass zumindest in meinem ersten Fall die Verzögerungsrüge  auch „gewirkt“ hat.  Ich hoffe es bleibt so.

 

Es klappt – Erste Erfahrung zur Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs 4 GVG

9 Kommentare zu „Es klappt – Erste Erfahrung zur Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs 4 GVG

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  • 14. September 2013 um 15:13 Uhr
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    Mein Prozess als Beklagte am Landgericht dauerte 7 Jahre mit nahezu 2 Jahren völliger Untätigkeit des Landgerichtes. Dabei sind ausschließlich die Phasen der völligen Untätigkeit aufaddiert. Beim Landgericht wurde die Sache von Tisch zu Tisch geschoben und letztendlich von 7 verschiedenen Richter bearbeitet. Weitere Verzögerungen wegen Terminsverschiebungen und langer Bearbeitung durch Sachverständige sind dabei gar nicht berücksichtigt.
    Nun wurde meine Klage gegen das Bundesland auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer beim OLG gnadenlos abgebügelt. Trotz meiner unmissverständlichen Forderung nach einer Verzögerungsrüge im Sinne des neuen Gestzes hat mein damaliger Anwalt die Verzögerungsrüge nämlich „versehentlich“ als Bitte formuliert. Und obwohl damals das Landgericht diese Verzögerungsrüge auch als solche aufgefasst hat (das habe ich schriftlich) und somit die vorgesehene „Warnfunktion“ der Verzögerungsrüge erkannt wurde, hat das OLG nun festgestellt, dass es sich eben nicht um eine Verzögerungsrüge handelte und somit die Voraussetzungen für weitere Überlegungen (Feststellung der überlangen Verfahrensdauer, Entschädigung) nicht gegeben sind.

    Zudem wurde mir noch deutlich (mündlich) mitgeteilt, dass es nichts bringen würde nun meinen damaligen Anwalt in Anspruch nehmen zu wollen wegen falscher Formulierung der Verzögerungsrüge.
    Denn als damalige Beklagte hatte ich ja nach Ansicht des OLG-Richters sogar einen Vorteil von der langen Verfahrensdauer. Als Beklagte muss man wohl etwas zahlen aber bei langer Verfahrensdauer muss man dann halt nur viel später zahlen und das wäre ja ein Vorteil. Von entsprechend aufgelaufenen Zinsen, einer „seelischen Unbill“ oder sogar von dem gemäß Grundgesetz bzw. Menschenrechtskonvention zustehendem Anrecht auf rechtlichem Gehör in angemessener Zeit will man da nichts wissen. Entsprechend würde ja nun in einem weiteren Prozess (am Amtsgericht gegen meinen damaligen Anwalt) bestenfalls nur festgestellt werden, dass es sich um ein überlanges Verfahren gehandelt hat und somit wäre dann die „Wiedergutmachung auf andere Weise“ bereits erfolgt und keinesfalls würde eine Entschädigung in Geld in Frage kommen. Die Kosten des Verfahrens, meines Anwaltes und des gegnerischen Anwaltes trage ich nun zusätzlich. Danke Deutschland. Demokratie? Rechtsstaat? Menschenrechte?

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    • 31. Dezember 2013 um 13:06 Uhr
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      Zu den Entschädigungen kann ich nur sagen, dass diese zu gering sind. Ein Gericht hat für die Fehlentscheidungen und eingeleiteten Gutachten, wenn diese nun zu keinen Schuldergebniss rügt voll und ganz zu haften. In meinem Fall hat das Nachlassgericht Köln seit über 5,5 Jahre Prozessführung mir einen finanziellen Schaden von über 100.000,00€ zugerichtet. Gerichte sollten erst bei Beweisniederlegung seine richterlichen Tätigkeiten nach Artikel 98 ausüben. Die Vorgehensweisen in der heutigen Zeit durch die Gerichte schädigen viele Unschuldige und finanzieren die Anwaltschaften. Auch sind behördliche Rechtsvorschriften, Bescheide und Beschlüsse in vielen Fällen unausgewogen und entsprechen nicht der ordentlichen und fairen finanziellen Verhältnissen. Die weiteren Durchsetzungen durch Gerichtsvollzieher, gerichtliche Zwangsvollstreckungen und Enteignungen bilden weitere hohe Schäden in allen Fassetten. Der Mensch in der heutien Zeit gefährdet durch die Vielzahl der Verordnungen, Beschlüsse und Bescheide von Behörden und Gerichte. Was ich als starkes Stück finde, ist, dass die Städte abends Rundfahrten machen und die Bevölkerung mit Parkverbotsknollen bestrafen. Die Städte haben es versäumt ausreichend für die Bewohner Parkplatzanweisungen freizustellen. Aus meiner Sicht ist das ein sehr besorgter und menschenentwürdigter Akt. Der Mensch wird immer mehr an den Vorschriften von Behörden und Gerichte eingeschränkt zum Wohl der finanziellen Ausbeutung und Erhalt der Bediensteten. gez. Cnipper

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  • 5. Mai 2014 um 19:16 Uhr
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    Im Falle einer mir sehr nahe stehenden Person wirkte die Untätigkeitsrüge sehr gut: Bei einem Amtsgericht wurde ein Antrag auf Freigabe einer Prozess-Sicherheit im zweistufigen Verfahren nach § 109 ZPO gestellt. Bereits im Antrag wurde darauf hingewiesen, dass der Anwalt, der den (unterlegenen) Kläger vertritt, auch auf Rüge hin niemals eine Vollmacht vorgelegt hat (und wahrscheinlich hat er sie auch nicht…). Die Freigabeerklärung kam von diesem Anwalt, und war nicht vom Beklagten unterzeichnet. Also sollte das Gericht die Freigabe selbst beschließen (zweite Stufe). Drei Monate mit drei entsprechenden Anträgen im monatlichen Rhythmus vergingen, ohne dass sich das Gericht gerührt hätte. Nach Einreichung der Verzögerungsrüge war dann der Gerichtsbeschluss binnen fünf Tagen da.

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  • 30. Juni 2014 um 16:02 Uhr
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    Meine Klage vor einem VG stammt von 10/2012. Die Erwiderung der Verwaltung dauerte 2 1/2 Monate, nicht 1 Monat, wie vom Berichterstatter „erbeten“. Ist aber wohl noch ok. Übermittlung der Klagerwiderung durch das Gericht erfolgte erst auf Anfrage mit 4 Monaten Verzögerung. Seit 06/2013 ist die Angelegenheit wohl ausgeschrieben, es gab lediglich noch 2 Informationen meines Anwaltes zur Rechtspraxis in anderen Bundesländern. Eine Nachfrage beim Berichterstatter Ende 2013 ließ auf eine „unverbindliche Terminierung im 1. Quartal 2014 “ hoffen. Jetzt ist Sommer, auch Gerichte müssen sich mal erholen, aber im Herbst, 2 Jahre nach Klageeinreichung werde ich meinen Anwalt wohl mal auf meinen Anlass zur Besorgnis für eine überlange Verfahrensdauer hinweisen.

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  • 10. Dezember 2015 um 21:21 Uhr
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    Eine ganz einfache Reisekostenentschädigung, die seit 1,5 Jahren nicht bearbeitet wird und es besteht gemäss §198 GVG kein Anspruch auf eine zeitgemässe Bearbeitung. Richterin B. vom LG-Coburg und der Präsident des LG erklärten sogar, dass über die sofortige Beschwerde nie entschieden werden wird.
    http://blog.justizfreund.de/?p=7536

    Wobei man allerdings berücksichtigen muss, dass niederen Proleten selbst grundsätzlich keine Ansprüche bei Gericht geltend machen können:
    http://blog.justizfreund.de/?p=291

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  • 31. Januar 2016 um 19:46 Uhr
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    Grüß Gott,
    toll gemacht. Ich kann meinen Anwalt nicht dazu bewegen, er hat angeblich ‚keine Handhabe‘ dazu.

    Kann ich die Verzögerungsrüge auch selbst machen?
    —.
    Klageerhebung 25.4.2013
    erste Verhandlung 7.10.14
    zweite Verhandlung 23.6.15
    seither keine Nachricht vom Gericht

    Würde mich sehr freuen, wenn ich eine (kostenlose) Antwort erhalte, mein Anwalt hat schon mein ganzes Geld..
    email: hmpreien@t-online.de

    Danke für eine Antwort gleich welcher Art und Ihre Mühe und Servus derweil

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    • 2. August 2016 um 11:10 Uhr
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      Selbstverständlich kannst du eine Verzögerungsrüge selbst stellen!
      Eine Klage kann erst erhoben werden ein halbes Jahr nach der gestellten Verzögerungsrüge. Antworten seitens des Gerichtes auf die Verzögerungsrüge als solches sind nicht zu erwarten.
      Also Einreichen mit Einschreiben per Post und zugleich per Fax als Nachweis!
      Wird das gerügte Verfahren beendet ist eine Klage bezüglich der Verzögerungsrüge noch innerhalb von sechs Monaten möglich! Nachher nicht mehr!!

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