Ich hatte hier bereits über die unter Vermietern verbreiteten Rechtsirrtümer berichtet. Allerdings erweckt der Beitrag den Eindruck, dass der „böse Vermieter“ mit seinen irrigen Rechtsansichten den „armen Mieter“ unterdrückt. Tatsächlich stehen die Mieter den Vermietern hinsichtlich der Anwendung von Rechtsirrtümern in Nichts nach. Nachfolgend die beliebtesten Rechtsirrtümer unter Mietern:
1. „Kaution abwohnen“
Ist das Mietverhältnis gekündigt, gehen viele Mieter dazu über, die letzten 2 1/2 Monate keine Miete mehr zu zahlen. Die „netten“ Mieter schreiben dazu noch dem Vermieter an und verkünden, dass Sie die Mietzahlungen einstellen, der Mietzahlungsanspruch sei mit der Kaution zu verrechnen. Entgegen der damit verbundenen Ansicht des Mieters, dass der Vermieter die „Aufrechnung“ akzeptieren müsste, ist der Vermieter jedoch nicht dazu verpflichtet. Der Vermieter hat vielmehr ein Wahlrecht:
- Der Vermieter kann entweder dem „Aufrechnungsverlangen“ folgen und die Kaution mit den Mietforderungen aufrechnen. Allerdings hat der Vermieter trotz dieser Aufrechnung einen Kautionsauffüllungsanspruch gegen den Mieter. Das bedeutet, dass der Vermieter auch nach dem Ende des Mietverhältnisses den Mieter auf Zahlung (=Auffüllung) der Kaution verklagen kann (siehe etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.1.2000 AZ: 10 U 182/98 in NZM 2001, 380-382). Allerdings ist dies die schlechtere Alternative für den Vermieter, da der Kautionsauffüllungsanspruch indirekt auch der Verjährung nach § 548 BGB unterliegt. Denn die Kaution dient ja der Absicherung der Ansprüche des Vermieters. Und diese sind hinsichtlich der Schadensersatz- und Schönheitsreparaturansprüche nach 6 Monaten verjährt.
- Die clevere Alternative für den Vermieter ist daher, keine Aufrechnung mit der Kaution vorzunehmen, da er dazu nicht verpflichtet ist. Die Kaution ist nach einhelliger Rechtsprechung (eine Norm hierzu gibt es nicht) erst 6 Monate nach Übergabe der Mietsache zur Auszahlung an den Mieter fällig. Erst bei Vorliegen dieser Fälligkeit kann der Mieter aufrechnen, vorher ist dies nicht möglich. Die fehlenden Mieten kann der Vermieter dann relativ einfach und schnell im Wege des Mahnverfahrens, etwa des Urkundenmahnverfahrens, oder des Urkundsverfahrens beitreiben. Der Mieter kann einem solchen Verfahren relativ wenig entgegensetzen, ein aufrechenbarer Anspruch besteht nicht (siehe oben), die Miete ist üblicherweise zum 3 Werktag des Monats fällig, so dass der Mieter hier schnell einen Titel gegen den Mieter erreichen kann. Die Kaution dient weiterhin zur Sicherung anderer Ansprüche.
Daher muss kein Vermieter das Abwohnen der Kaution hinnehmen, der Mieter hingegen riskiert bei einem solchen Vorgehen erhebliche Prozesskosten.
2. Mietminderung auf 100%
Oftmals wird seitens der Mieter auch bei Vorliegen eines kleinen Mangels eine Mietminderung von 100% vorgenommen. Dabei ist eine Mietminderung über die gesamte Miete nur dann zulässig, wenn es dem Mieter unzumutbar ist, die Mietwohnung weiter zu nutzen. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn im Winter die Heizung nicht funktioniert oder keinerlei Wasserversorgung gewährleistet ist.
Schimmel in einem Zimmer, Lärmbelästigung oder zugige Fenster sind nicht geeignet eine Minderung von 100% zu rechtfertigen. Hilfsanker für den Mieter ist in solchen Fällen das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Danach kann der Mieter bis zur Behebung des Mangels seine Leistung zurückhalten. Allerdings ist auch dieses Zurückbehaltungsrecht nicht immer ausreichend, um die Nichtzahlung der Miete zu rechtfertigen. Einerseits muss das Zurückbehaltungsrecht vorher angekündigt werden, andererseits gehen viele Instanzgerichte davon aus, dass nur das dreifache der angemessenen Mietminderung zurückbehalten werden kann. Ist also für ein Schimmelschaden 10% als Minderung angemessen, kann nur maximal ein Betrag von 30% über diese Minderung hinaus zurückgehalten werden. Damit ist der Mieter zur Zahlung von 60% der Miete verpflichtet.
Eine pauschale Mietminderung auf 100% ist also in den meisten Fällen unbegründet.
Ergänzen könnte man z.B. noch:
3. Nachmieterstellung
Die weit verbreitete Vorstellung, wer für den Vermieter einen akzeptablen Nachmieter stellt, könne vor Ablauf der Kündigungsfrist das Mietverhältnis beenden ist falsch.
Tatsächlich steht es im freien Belieben des Vermieters, den Vertrag auf Wunsch des Mieters vorzeitig aufzulösen. Dies gilt sowohl mit als auch ohne Gestellung eines Nachmieters durch den Mieter.
In der Praxis wird sich der Vermieter natürlich häufig darauf einlassen, wenn er ohnehin vorhat, die Wohnung anschließend unmittelbar wieder zu vermieten. Er spart sich so den Aufwand der Mietersuche und ein etwaiges Leerstandsrisiko.
Stimmt, dies ist auch eine weit verbreitete Ansicht unter Vermietern. Allerdings wird bei langjährigen Mietverhältnissen der Vermieter einem Nachmieter zumindest in attraktiven Wohngegenden nicht zustimmen, da der Nachmieter meist in den Mietvertrag des Vormieters einsteigen will, der Vermieter im Rahmen einer Neuvermietung aber oft die Miete anheben will.
Hallo,
wie verhält es sich denn mit einem sog. Mieterdarlehen? Im Mietvertrag wurde anstatt einer Kaution ein Mieterdarlehen (3 NKM) vereinbart.
Aufgrund der Sicherungsrisiken ist doch ein Abwohnen des Darlehens möglich?
Wie sehen Sie das?
Beste Grüße