Immer wieder kommen Internet-Händler zu uns, die wegen einer Verletzung von Markenrechten abgemahnt wurden. Meist gehörtes Argument dabei ist:

„Ich wusste nicht, dass dieser Name für die  Ware/Dienstleistung XY geschützt ist“.

Die Händler sind dann davon überzeugt, dass diese Unwissenheit Sie auch vor den meist 4 stelligen Anwaltskosten schützt.

Weit gefehlt.

Ein Verschulden ist im Rahmen einer Markenrechtsverletzung seitens des Verletzers nicht erforderlich. Für den Unterlassungsanspruch genügt bereits, die Marke eines anderen ohne Genehmigung im geschäftlichen Verkehr zu nutzen. Zentrale Norm ist dabei § 14 Abs  MarkenG:

Nach den Absätzen 1-4 wird geregelt, welche Handlungen erlaubnispflichtig sind:

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,

Wie aus der eindeutigen Formulierung des Gesetzes zu ersehen ist, wird eine Kenntnis bzw ein Verschulden nicht vorausgesetzt. Es genügt also, wenn der Händler eine markenverletzende Ware einführt, bewirbt, vorrätig hat, einführen oder ausführen will oder ein markenverletzendes Zeichen anbringt. Der Händler muss weder wissen noch ahnen dass er eine fremde Marke verletzt, es reicht aus, dass er es macht. Sobald eine dieser Handlungen vorliegt, ist der Unterlassungsanspruch gegeben. Und der Unterlassungsanspruch wird von den meisten Gerichten üblicherweise mit einem Streitwert von 20.000-50.000 € gewertet, was zu Anwaltsgebühren zwischen 859,80 –  1379,80  € (Netto) nur für den Anwalt des Markeninhabers führt.

Eine Kenntnis des Markenverstoßes ist daher nicht erforderlich. Glauben die meisten nicht, ist aber so.

Daher sollte jeder, der Waren und Dienstleistungen unter einem bestimmten Kennzeichen anbietet oder vertreibt sorgfältig prüfen, ob die Waren entweder vom berechtigten Markeninhaber stammen (wenn das nicht der Fall ist spricht man von Produktpiraterie)  und auch mit seiner Zustimmung in den entsprechenden Markt gelangt sind (auch das kann bei geschlossenen Vertriebssystemen zu Problemen führen), oder ob das gewählte Kennzeichen nicht verwechselungsfähig mit bereits eingetragenen Marken ist. Hier kann man die Datenbanken von DPMA, HABM und WIPO zur Recherche nutzen.   Dabei sollte man auch bei Recherchen, die nur Deutschland betreffen auch immer bei der HABM mitrecherchieren, denn die europäischen Marken gewähren den gleichen Schutz in Deutschland wie eine nationale Marke. Daher haben viele Markeninhaber ihre deutsche Marke nicht verlängert, weil Sie zusätzlich noch eine europäische Marke besitzen. Das kann dazu führen, dass in der Datenbank des DPMA eine Marke als gelöscht geführt wird, die tatsächlich aber über die europäische Marke noch weiter geschützt ist. Dabei gibt es noch das besondere „Schmankerl“, dass der Tag der Eintragung für die eigentlich gelöschte deutsche Marke bei der Prioritätsberechnung in Deutschland (also bei der Bestimmung wer die besseren Rechte hat) weiterhin Gültigkeit hat. Dies wird unter dem Stichwort „Seniorität“ geführt.

Daher ist auch bei der Recherche Vorsicht geboten. Wer auch nur leise Zweifel an der Zulässigkeit seines genutzten Kennzeichens hat, sollte einen Fachmann mit einer Markenrecherche beauftragen (hier gibt es neben Anwälten auch andere Dienstleister), denn eine Abmahnung und der damit verbundenen Aufwand der Umbennung der Kennzeichnung  von Waren oder Dienstleistungen wird meist ein Vielfaches der  Kosten einer Recherche  betragen.

 

 

 

„Das hab´ ich nicht gewusst“ und die markenrechtliche Abmahnung
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Ein Kommentar zu „„Das hab´ ich nicht gewusst“ und die markenrechtliche Abmahnung

  • 28. August 2011 um 22:30 Uhr
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    Abgesehen von den bekannten Massenabmahnungen passiert zum Thema Abmahnung meines Erachtens viel weniger als passieren könnte. Ich schätze mal, dass (wenn man Massenabmahnungen abzieht) nur ein kleiner Bruchteil der Markenrechtsverletzungen abgemahnt wird. Nach dem Motto: wo kein Kläger da kein Richter verbleibt meist Sicherheit wo jedoch hinterfragt werden sollte. Ich finde den kritischen Ansatz Ihrer Kanzlei gut, es ist immer vorsicht geboten und wenn ich selbst der Mandant wäre, würde ich immer einem Anwalt den Vorzug geben, der kritisch hinterfragt, aufklärt und mich mit meinem unternehmerischen Risiko allein lässt, denn das ist das Restrisiko dass das Unternehmerdasein ausmacht. Haftungszusagen durch Mandanten sollte man hier nicht nachgeben, denn es gibt auch keine Versicherung gegen das allgemeine Lebensrisiko.

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