Es gibt einen ewigen Dauerbrenner im Mietrecht, und das ist der Schimmelbefall von Wohnungen und Gewerberäumen. Fast jede zweite Mietminderung hat irgendwie mit einem Schimmelvorfall und/oder Feuchtigkeitsflecken zu tun.

Den Grund für derartige bestehende oder nicht bestehende Schimmelbelastungen herauszufinden ist aber meist ohne Sachverständigen kaum möglich.

Aber bevor man zu diesem Sachverständigen kommt – ob nun vorprozessual oder gerichtlich – gibt es die natürlichen Reflexe der Parteien. Der Mieter sagt:

„Da ist Schimmel in der Wohnung“ und bezieht sich auf Flecken an der Wand, die zumeist ein schwärzliches Aussehen haben. Ob dies tatsächlich Schimmel ist, welche Belastung welcher Sporen tatsächlich besteht und ob es nicht nur ein kurzzeitiger Feuchtigkeitsfleck ist wird  erst einmal als nebensächlich ausgeblendet, reflexartig wird die Forderung nach 100% Mietminderung, Strafanzeige wegen Gesundheitsgefährdung, softortiger Kündigung und Schadensersatz gestellt.Schließlich hat man seine Rechte  ja schon hundert mal bei Explodiert Explosiv, Akte sowieso 09 und anderen Aufklärungssendungen gleicher Machart erklärt bekommen.

Diese Mandanten müssen erst mal sanft darauf hingewiesen werden, dass es immer besser ist, den Schaden durch einen Fachmann begutachten zu lassen, denn sonst kann so manche Forderng nach hinten losgehen, insbesondere die unberechtigte Mietminderung birgt ab einer gewissen Zeit und Höhe immer die Gefahr der berechtigten ordentlichen Kündigung mit sich. Dies beruht auf einer Rechtsprechung des BGH, wonach die hilfweise ordentliche Kündigung bei einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges (§ 543 BGB § 569 BGB) auch wirksam bleibt, wenn der Zahlungsrückstand im Prozess ausgeglichen wird (siehe BGH Urteil vom 16.2.2005 AZ: VIII ZR 6/04).Die ordentliche Kündigung bleibt insbesondere dann wirksam, wenn den Mieter ein Verschulden trifft. Der Ansatz  einer überhöhten Minderungsquote entspricht nach einigen Gerichten einem solchen Verschulden. Daher ist bei der  Minderungsquote immer Fingerspitzengefühl gefragt.  Und die Minderungsquoten eines Gerichtes wegen Schimmel exakt bestimmen zu wollen ist  ein Glückspiel.

Ist der Schaden dann aber unzweifelhaftfestgestellt, kommt der Vermieterreflex. Der reagiert in 99% aller Fälle mit dem „Lüftungsreflex“ und erklärt, dass nur der Mieter an dem Schimmel schuld sein kann, weil er nicht richtig lüftet und dauernd duscht, kocht, die Heizuung an hat/aus hat oder sonstige Böse Sachen macht die irgendwie „schimmelig“ sind. Dazu kommen dann dir Drohungen nach Schadensersatz und ähnlichem sowie die Aufforderung, keine Möbel mehr näher als 10 cm an die Wand zu stellen.Aber auch das „falsche Lüften“ muss nachgewiesen werden, und auch dies kann eigentlich nur durch ein Sachverständigengutachten geschehen. (Ganz abgesehen davon, dass die Orte der Schimmelbildung bei falschem Lüften meist andere sind als bei dem „üblichen“ Schimmelbefall, aber dazu mehr ein anderes Mal…)

Es dauert daher meist etwas, bis man zu den sachlichen Auseinandersetzungen und der tatsächlichen Fehlersuche mittel Sachverständigen kommt. Erst gilt es die „Reflexe“ zu überwinden. Aufwendig.

Natürliche Reflexe im Mietrecht
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Ein Kommentar zu „Natürliche Reflexe im Mietrecht

  • 3. August 2009 um 14:38 Uhr
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    Zum selbstständiges Beweisverfahren in diesen Fällen:
    Marc Lothar Mewes , ZMR 2003, 899-901.

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